Whisky ist, sehr vereinfacht ausgedrückt, gebranntes Bier. Grundlage für die Herstellung von Whisky war die Erfindung der Destillation, die wohl bereits vor über 5000 Jahren in Mesopotamien gelang. Von dort breitete sich diese Kunst im zentral- und vorderasiatischen Raum aus, wo sie zur Parfüm- und Medizinherstellung genutzt wurde, weshalb sich auch der Begriff „Alkohol“ vom arabischen „al-kuhl“ ableitet. Der Missionar und Schutzpatron Irlands, St. Patrick (rechts abgebildet), soll das Wissen um die Destillation während seines Aufenthalts in Frankreich erworben und nach Irland mitgebracht haben.
Wie hoch der Wahrheitsgehalt dieser Legende auch sei, sicher ist, dass die Destillierkunst von den Arabern in den Okzident transportiert und ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. zunächst von irischen Mönchen in deren Klöstern ausgeübt wurde. Daher auch das gälische Wort „uisge beatha“, das nichts anderes bedeutet als „Wasser des Lebens“ - eine Übersetzung des lateinischen „aqua vitae“ der südfranzösischen Klöster! Erst etwa 200 Jahre später gelangte das Wissen um das Brennen von Alkohol wiederum durch irische Mönche nach Northumbria, also ins Gebiet des heutigen Schottland.
Freilich blieb es hier lange Zeit auf die Klöster beschränkt, und auch nach der Eroberung Irlands durch den englischen König Henry Plantagenet (Henry II.) 1171 sollte es noch 300 Jahre dauern, bis sich „uisge beatha“ erstmals in Schottland nachweisen lässt: Ein Tironenser-Mönch namens John Cor aus der Grafschaft Fife wird in den „Exchequer Rolls“ genannten Steuerdokumenten erwähnt, weil er 1494 n. Chr. Malz kauft, um auf Anordnung des Königs James IV. „aquavite“ zu brennen.
Zu dieser Zeit gab es in Irland schon längst Destillerien, die mit landesherrlicher Erlaubnis uisge beatha brannten! Mithin sind es tatsächlich die Iren, die den Whisky erfanden – auch wenn uns das natürlich kein Schotte jemals glauben wird!
Schwarzbrennerei in Schottland
In Schottland wird nachweislich seit 1494 Whisky gebrannt, wenn die Spirituose zunächst auch nur medizinisch genutzt wurde. Bereits 1505 wurde der Mediziner- und Baderzunft von Edinburgh das königliche Privileg zur Destillation gewährt, damit Kräutertinkturen und andere Arzneimittel hergestellt werden konnten. Alsbald erfreute sich jedoch dieser frühe Whisky auch ganz abseits medizinischer Anwendungen in breiten Schichten großer Beliebtheit, weshalb allenthalben unter Missachtung des mit dem Privileg verbundenen Monopols mit der Destillation von Whisky begonnen wurde. Da die dazu benötigten Mengen von Gerste nicht mehr zur Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung ausreichten, wurde 1579 die Whisky-Destillation nur noch den adligen Clans erlaubt. Eine Kontrolle war freilich de facto unmöglich, da allein die bergige Landesnatur besonders der Highlands sowie die dort praktisch nicht vorhandene Infrastruktur den zahlreichen Schwarzbrennereien sozusagen natürlichen Schutz durch Unzugänglichkeit gewährte. Hinzu kam noch, dass die starrköpfigen Schotten seit jeher nicht geneigt waren, sich von der Obrigkeit etwas sagen zulassen.
Daran änderte auch die Einführung hoher Steuern durch Oliver Cromwell im Jahre 1644 nichts, da sich die wenigen Steuereintreiber vor dieselben Probleme gestellt sahen wie alle anderen Kontrolleure: Die Schwarzbrennerei ging nicht nur weiter, sie dehnte sich sogar noch gewaltig aus, man schätzt die Zahl illegaler Whisky-Brennereien im Schottland des 17. und 18. Jahrhunderts auf nicht weniger als 14.000!
Daran änderte sich auch nichts nach der Vereinigung Schottlands mit England durch den „Act of Union“ im Jahr 1707, als eine hohe Malzsteuer eingeführt wurde. Steuereintreiber unter militärischem Schutz versuchten, Steuern zwangsweise einzutreiben, Schwarzbrennereien auszuheben und die Brenner selbst vor Gericht zu stellen. Ihnen entgegen standen die mächtigen Clans der Highlands, eine streitbare Bevölkerung und die noch mächtigere katholisch-schottische Kirche, die in der Regel verhinderten, dass ein vor Gericht gestellter Schwarzbrenner auch tatsächlich verurteilt wurde: Das Ende dieser Prozesse erlebte der Angeklagte fast immer als freier Mann, die Verurteilung zu einer geringen Geldstrafe galt schon als Ausnahme. Die latente Gewaltbereitschaft zum Schutz der Whisky-Brennereien brach nicht selten in offene Unruhen aus, so zum Beispiel 1736 in den so genannten „Porteous Riots“ in Edinburgh, in deren Zuge der Offizier John Porteous, der einen Schwarzbrenner zum Tode verurteilt hatte, von der aufgebrachten Menge gelyncht wurde.
Weitere Maßnahmen zur Bekämpfung oder wenigstens Besteuerung der Schwarzbrennerei erreichten regelmäßig das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung: Die Destillateure wurden immer findiger und verabschiedeten sich immer mehr in die völlige Illegalität. Sie erhöhten zum Beispiel den Anteil ungemälzter Gerste, um die hohe Malzsteuer zu umgehen, Schmuggler vertrieben den schwarzgebrannten Whisky in ganz Schottland, und die kleinen Destillen wurden mobil: Die einfachen Gerätschaften wurden in Höhlen und enge Schluchten verbracht, wo das Risiko der Entdeckung noch geringer war, lediglich der Rauch der Feuer konnte den Kontrolleuren einen Hinweis auf eine Schwarzbrennerei geben. Die staatlichen Beamten hatten freilich keinen leichten Job: Die gesamte Bevölkerung war gegen sie eingestellt, Priester versteckten Whisky-Fässer in Kirchen und auf Friedhöfen, und falls doch einmal eine Schwarzbrennerei ausgehoben wurde, waren die Besitzer vorgewarnt und längst über alle Berge.
Sogar die schlaue Einführung einer Belohnung in Höhe der damals unerhörten Summe von 5 Pfund für die Anzeige einer Schwarzbrennerei wurde ins Gegenteil verkehrt: War bei einer Brennerei eine neue Destille anzuschaffen, so wanderte man an einen anderen Ort weiter und zeigte die zurückgebliebene Schwarzbrennerei selbst an. Die Belohnung in der genannten Höhe reichte aus, um neue Apparaturen anzuschaffen und mit frischem Elan weiter zu produzieren! Aus jener Zeit stammt das berühmte Zitat des schottischen Nationaldichters Robert Burns: „freedom and whisky gang thegither“ (Freiheit und Whisky gehören zusammen), das die Einstellung der Schotten völlig richtig wiedergibt. Schwarzbrenner und Schmuggler wurden in zahllosen Gedichten und Geschichten gerühmt und nicht selten zu heldenhaften Kämpfern gegen staatliche Willkür gemacht. Aus derselben Zeit stammen auch die berühmten „belly canteens“, Blechkanister mit einem Fassungsvermögen von ungefähr zwei Gallonen Whisky, die sich Frauen vor den Bauch schnallten, um eine fortgeschrittene Schwangerschaft vorzutäuschen. So passierten sie unbehelligt alle Kontrollen und „exportierten“ nicht geringe Menge schwarzgebrannten Whiskys nicht nur in die Lowlands, sondern auch nach England selbst, wo man diesen Whisky als einzigen „echten“ Whisky schätzte und als „Poteen“ (von englisch „pot“) bezeichnete, während man den legal gebrannten (und versteuerten!) Whisky „Parliament“ nannte und eher mied.
Die Schwarzbrennerei selbst ging denkbar einfach vor sich: In den zahlreichen schottischen Glens (Tälern) gab es sauberes Wasser zur Genüge, in dem die Gerste mehrere Tage lang eingeweicht wurde. Dann wurde sie einfach auf dem Boden ausgebreitet, wo sie zu keimen begann. Nach der Mälzung durch einfaches Rösten und der Zerkleinerung in einer Art Schrotmühle wurde dieses Malz mit heißem Wasser versetzt und nach der Fermentation in einem einfachen Kupferkessel erhitzt. Die alkoholischen Dämpfe kondensierten in einer primitiven Spirale, die als „worm“ bezeichnet wurde, und das fertige Destillat wurde meist ohne weitere Reifung als trinkfertig angesehen.
Erst 1823 setzte sich auch in der britischen Regierung die Erkenntnis durch, dass der Kampf gegen die Schwarzbrennerei praktisch verloren war, und so verlegte man sich darauf, diese wieder in die Legalität zurückzuholen, um wenigstens Lizenzgebühren und (damals noch) vergleichsweise geringe Steuern einnehmen zu können. Duke Alexander Gordon, Oberhaupt des mächtigen schottischen Gordon-Clans und gleichzeitig Peer of Great Britain, ist es zu verdanken, dass 1823 durch einen „Excise Act“ die Whisky-Brennerei in die Legalität überführt wurde, wenn der Brenner eine einmalige Lizenzgebühr von 10 Pfund entrichtete und mehr als 141,4 Liter reinen Alkohol pro Jahr produzierte, für welchen er eine Steuer von 2 Shilling 3 Pence pro Gallone zu entrichten hatte.
Der Erfolg dieser weitsichtigen Maßnahme ließ nicht lange auf sich warten: Viele Brennereien ergriffen die Gelegenheit beim Schopf und sicherten sich gegen die erwähnten Summen vor staatlicher Verfolgung, darunter als erste The Glenlivet, sehr bald auch Cardhu, Glendronach, The Macallan, Bowmore, Highland Park, Lagavulin und Tobermory. Bereits 1834 waren von den tausenden früherer Schwarzbrennereien nur noch etwa 700 übrig, und 1874 wird nur noch von sechs illegalen Destillerien berichtet.
Jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob es auch heute noch Schwarzbrennereien gibt? - Man kann diese Frage nicht mit letzter Sicherheit beantworten, doch wie heißt es so schön bei Robert Burns: „freedom and whisky gang thegither“!
Der Aufstieg des Blended Whisky
Heute kann man es sich vielleicht kaum mehr vorstellen, doch noch vor wenigen Jahrzehnten war Single Malt Scotch Whisky zumindest außerhalb von Schottland praktisch unbekannt! Stattdessen waren Blended Whiskys der Renner, die sich freilich auch heute noch großer Beliebtheit erfreuen und mit Marken wie Johnnie Walker, Chivas Regal und Dimple, um nur einige zu nennen, nach wie vor einen großen Anteil am internationalen Whisky-Markt haben.
Die Gründe für die Beleibtheit der Blends liegen in der früheren Qualität der Single Malt Whiskys: Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren diese zumeist sehr stark, reichlich getorft, rau, unausgewogen und für anspruchsvollere Gaumen kaum akzeptabel. Hinzu kam, dass die Qualität von Abfüllung zu Abfüllung wegen vergleichsweise primitiver Produktionsmethoden sehr stark schwankte. - Und die heute übliche Reifung von Whisky über lange Jahre in kleinen Eichenfässern war noch praktisch unbekannt: Whisky wurde meist für den Eigengebrauch gebrannt und so getrunken, wie er aus der Destille kam. Kaum jemand kam auf die Idee, dass diese Spirituose durch eine Lagerung in Eichenfässern an Qualität gewinnen könnte! Wer sich damit nicht anfreunden konnte, der versuchte meist, den Whisky durch Zugabe von Honig, Milch oder anderen Zutaten milder zu gestalten, was, nebenbei gesagt, zur Erfindung der auch heute noch bekannten Whisky-Liköre führte.
Die Händler freilich, die meist gewöhnliche Krämerläden führten, in welchen der Whisky nur eines von vielen Produkten war, blieben oft genug auf ihren Vorräten sitzen und mussten sich anhören, dass ihre Kunden den Whisky ablehnten, da er ihnen zu stark und zu roh war. Was also mit den schwer verkäuflichen Lagerbeständen anfangen?
Drei Gemischtwarenhändler namens John Walker, George Ballantine und die Brüder James und John Chivas machten ungefähr gleichzeitig aus der Not eine Tugend: Der erste im nur wenige Kilometer südlich von Glasgow in Westschottland gelegenen Kilmarnock, George Ballantine in Edinburgh am Firth of Forth, einem tiefen Einschnitt an der schottischen Ostküste, und die Chivas-Brüder im viel weiter nördlich gelegenen Aberdeen. Alle kamen, wohl unabhängig von einander, um das Jahr 1850 auf die Idee, mehrere Single Malt Whiskys miteinander zu verschneiden in der Hoffnung, dass das Ergebnis gefälliger und weniger kratzig ausfallen würde als jeder einzelne der verwendeten Grundwhiskys.
Zur Hilfe kam den „Erfindern“ eine neue Technik, die 1826 von dem Schotten Robert Stein erfunden und 1831 von dem irischen Ingenieur Aeneas Coffey perfektioniert worden war. Es handelte sich dabei um ein Verfahren der kontinuierlichen Destillation in einer Säulenbrennanlage, die als Coffey Still, Column Still oder Patent Still bekannt wurde. Diese heute am weitesten verbreitete Destillationsanlage funktioniert im Prinzip wie eine Reihe mehrerer hintereinander geschalteter Pot Stills und vermag in einem Arbeitsschritt ein Destillat mit wesentlich höherem Alkoholgehalt zu erzeugen, als dies mit einer herkömmlichen Pot Still-Anlage möglich wäre. Den viel geringeren Unkosten steht freilich eine weniger anspruchsvolle Qualität des fertigen Destillats gegenüber, weshalb ein Single Malt Scotch Whisky per Gesetz ausschließlich in einer traditionellen Pot Still-Anlage mit Kupferbrennblase gebrannt werden darf.
Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für Grain Whisky, der nicht aus gemälzter Gerste (malted barley), sondern aus ungemälztem Getreide gebrannt wird. Ein solcher Whisky ist weniger anspruchsvoll im Geschmack, von leichterem Charakter und milder als seine Vettern, die Single Malts.
Der Kunstgriff der ersten Blender war es nun, neben verschiedenen Single Malts auch einen gewissen Anteil von Grain Whisky in ihre Blends einzubeziehen. Auf diese Weise gelang es ihnen, nach vielen mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen die richtige Mischung herauszufinden, in welcher die verschiedenen Charaktereigenschaften der unterschiedlichen Whiskys sich gegenseitig zu einem milderen Ergebnis zu ergänzen vermochten, indem sie sich gegenseitig die extremen Spitzen nahmen. Dieses Verschnittverfahren wurde als „Blending“ bekannt, die so entstandenen „gemischten“ Whiskys als „Blended Whisky“ oder „Vatted Malt“.
Offiziell verkauft werden konnte Blended Whisky freilich erst nach dem „Spirit Act“ von 1860, der die Vermarktung von Blended Whisky überhaupt erst erlaubte. Der erste offiziell auf den Markt gebrachte Blended Scotch Whisky war 1865 der "Walker's Old Highland" von John Walker, dem bald die Blends von George Ballantine und jene der Chivas Brothers folgten. Schon wenige Jahre später war Blended Whisky so beliebt, dass er nicht nur in ganz Großbritannien, sondern auch auf den internationalen Märkten im wahrsten Sinne des Wortes „einschlug wie eine Bombe“!
Aus dem "Walker's Old Highland" wurde schließlich der Johnnie Walker, der bis heute meistverkaufte Scotch Whisky der Welt, und auch der nach seinem Erfinder Ballantine's genannte Blend sowie der Chivas Regal der Chivas Brothers konnten sehr erfolgreich am Markt platziert werden. Weitere erfolgreiche Blends waren und sind Marken wie The Famous Grouse und Cutty Sark sowie der Dimple von John Haig. Alle Blended Whiskys zusammen stellen auch heute noch, trotz der grandiosen Renaissance der Single Malt Whiskys, einen Anteil von über 80 % am weltweiten Scotch Whisky-Markt!
Die heute weit verbreitete Meinung, beim Blended Whisky handele es sich um ein minderwertiges Produkt, entbehrt übrigens jeglicher Grundlage: Die großen Blends werden aus mehreren hochwertigen Single Malt Whiskys komponiert, bisweilen unter Beifügung unterschiedlicher Anteile von Grain Whisky. Nicht selten sind 30, 40 oder noch mehr so genannte „Grundwhiskys“ beteiligt, die vom Master Blender des Herstellers nach einem geheim gehaltenen Rezept und unter Berücksichtigung der Charaktereigenschaften jedes einzelnen Grundwhiskys zusammengestellt werden. Meist spielt ein bestimmter Single Malt Whisky eine besonders wichtige Rolle, er wird deshalb als „Lead Whisky“ bezeichnet und trägt ganz wesentlich zum Charakter des fertigen Blends bei. Ein gutes Beispiel dafür ist der zwölf Jahre alte Single Malt Whisky der Brennerei Caol Ila auf Islay, der als Lead Whisky im Johnnie Walker Black Label deutlich zu erkennen ist.
Da also ein Blended Whisky das Ergebnis eines Zusammenspiels guter Grundwhiskys ist, die sich gegenseitig zu einem harmonischen Ganzen ergänzen, ist ein guter Blended Whisky mit Sicherheit nicht von minderer Qualität und gerade für Whisky-Anfänger eine ideale Möglichkeit, sich dem Thema Whisky zu nähern, ohne gleich von einem zu heftigen Single Malt förmlich „abgeschreckt“ zu werden!
Die Renaissance der Single Malt Whiskys
Beinahe 100 Jahre lang war „Scotch Whisky“ auf der ganzen Welt gleichbedeutend mit „Blended Whisky“. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatten findige Ladenbesitzer wie John Walker, Geroge Ballantine und die Chivas-Brüder, um nur einige zu nennen, auf die Wünsche ihrer Kunden reagiert. Diese hatten wenig Interesse an den damals sehr ungeschliffenen und scharfen Single Malts, und außerhalb Schottlands führte der Whisky sowieso ein Schattendasein: Wer etwas auf sich hielt, trank Cognac oder Brandy! Die eben genannten Pioniere erfanden deshalb das „Blending“ genannte Verfahren, aus mehreren Single Malts und auch Grain Whiskys angenehmere und elegantere Blends zu schaffen, die ihren Siegeszug um die Welt antraten, nachdem die Reblaus um 1860 große Teile der europäischen Weinberge zerstörte und der Nachschub an Weinbränden knapp wurde.
Noch bis weit in die 1970er Jahre standen Namen wie etwa Chivas Regal, Dimple, Johnnie Walker für guten schottischen Whisky, was durch die Kreation von Luxusblends aus alten Single Malts noch verstärkt wurde. Außerhalb Schottlands interessierte sich praktisch niemand für Single Malt Whisky!
Wie 100 Jahre zuvor, waren es auch diesmal wieder weitsichtige Leute, die den Anstoß zur Renaissance der Single Malts machten, Leute mit Visionen und Überzeugung, die den unverschnittenen schottischen Whiskys das Tor zur Welt öffneten.
An erster Stelle stand Sandy Grant Gordon, der Enkel von William Grant, welcher 1886 eine Whisky-Brennerei in der Speyside gegründet hatte, die nach dem Fluss benannt worden war, an dem sie erbaut worden war: „Glenfiddich“ bedeutet nichts anderes als „Tal des Fiddich-Flusses“! Die Destillerie gehört bis heute zur Firma „William Grant & Sons“ und ist damit eine der wenigen schottischen Brennereien, die sich bis heute in unabhängigem Besitz befinden.
Bereits 1957 hatte Glenfiddich damit begonnen, seinen Whisky in außergewöhnliche Flaschen abzufüllen, die durch ihre charakteristische dreieckige Form einen hohen Wiedererkennungswert garantierten. Bis heute wurde die Flaschenform beibehalten, sie gilt als eines der erfolgreichsten Markenzeichen in der Welt des Whiskys. Sandy Grant Gordon wagte sechs Jahre später, 1963, einen Schritt, der damals von vielen belächelt und als offenkundige Sackgasse mit null Erfolgschancen betrachtet wurde: Die Vermarktung von Single Malt Whisky auch außerhalb Schottlands und auf dem internationalen Markt!
Die Grant-Familie wagte damals wohl selbst nicht, davon zu träumen, welche Konsequenzen dieser Schritt nach sich ziehen sollte! Und dass sich dieser Erfolg einstellte, liegt nicht nur an der dreieckigen Flasche und einem auch ansonsten geschickten Marketing, sondern vor allem an den Künsten von David Stewart, der ebenfalls 1963 in die Dienste der Grant-Familie eintrat. Nach einer sieben Jahre dauernden Ausbildung wurde er Master Blender von Glenfiddich, eine Stellung, die er bis heute innehat, womit er der am längsten dienende Master Blender ganz Schottlands, wenn nicht sogar der Welt, ist.
Warum aber braucht man bei Glenfiddich überhaupt einen „Master Blender“, wo es sich doch um Single Malt Whisky handelt? Es sollte doch die Bewegung weg vom Blended Whisky erfolgen.
Die Antwort ist ganz einfach: Single Malt Whisky stammt zwar aus einer einzigen Brennerei, es handelt sich jedoch in den meisten Fällen um eine Spirituose, die aus verschiedenen Fässern komponiert wird. So gesehen, ist auch Single Malt Whisky in den allermeisten Fällen immer noch ein „Blend“, nur dass dieser ausschließlich aus Grundwhiskys einer einzigen Destillerie handelt. Dem Verfahren bei den Blended Whiskys nicht unähnlich, braucht man einen Master Blender mit sehr viel Erfahrung, um aus den vielen Fässern des Lagers einer Brennerei einen marktfähigen Whisky von konstanter Qualität und gleichbleibendem Charakter zu komponieren: Ein Cragganmore 12 Jahre zum Beispiel soll heute genauso schmecken, wie in zehn Jahren – dasselbe gilt natürlich für alle anderen Destillerien genauso!
Der Master Blender wählt aus oft vielen hundert, wenn nicht gar tausenden von Fässern jene aus, die für das zu erzielende Ergebnis am geeignetsten sind. Grundsätzlich gilt bei Whiskys mit Altersangabe, dass alle beteiligten Grundwhiskys mindestens so alt sein müssen, wie auf dem Etikett angegeben wird: Ein 21 Jahre alter Balvenie ist also eine Komposition aus verschiedenen Fässern der Balvenie-Destillerie, deren jüngstes Whisky enthält, der wenigstens 21 Jahre reifen durfte.
Auch die immer beliebter werdenden Vintage Malts werden in aller Regel vom Master Blender aus verschiedenen Fässern zusammengestellt, die allerdings alle Whisky enthalten müssen, der im selben Jahr destilliert wurde. So ist zum Beispiel der Glenfarclas Vintage 1995 ein Single Malt, dessen Glenfarclas-Grundwhiskys alle im Jahr 1995 destilliert wurden.
Eine Ausnahme bilden lediglich die Single Cask Whiskys, die tatsächlich aus nur einem einzigen Fass, und damit aus einem einzigen Brennvorgang, stammen. Hier hat der Master Blender praktisch nichts zu tun, als die Qualität abzuschätzen und zu beurteilen, ob der Inhalt des Fasses eine Qualität hat, die eine erfolgreiche Vermarktung erlaubt. Der fertig abgefüllt Whisky trägt dann auf dem Etikett die Nummer des Fasses und meist auch sowohl das Datum der Destillation als auch jenes der Abfüllung. Selbstverständlich unterscheidet sich dann jede Abfüllung von allen anderen, da sie die Charakteristik des einzelnen Fasses wiedergibt.
Nun aber zurück zur Renaissance der Single Malt Whiskys: Glenfiddich verkaufte 1964, im ersten Jahr nach der Markteinführung des Single Malts, etwa 4.000 Kisten weltweit. Das war nicht viel, und die Unkenrufer schienen wieder einmal Recht zu behalten. Doch schon 10 Jahre später, 1974, konnten gut 120.000 Kisten abgesetzt werden, und spätestens jetzt merkte auch die Konkurrenz, dass hier eine neue Möglichkeit der Vermarktung aufgetan wurde!
Der zweite wichtige Schritt erfolgte 1988, als United Distillers, ein Zusammenschluss verschiedener Abfüller schottischer Whiskys und der Guinnes-Brauerei, damit begann, eine „Classic Malts Selection“ zu kreieren, die aus zunächst sechs verschiedenen Single Malt Whiskys bestand. United Distillers ging 1997 in Diageo auf, dem weltgrößten Spirituosenkonzern, dem praktisch unbegrenzte Möglichkeiten des Marketings zur Verfügung standen.
Und inzwischen war die Welt auf den Geschmack gekommen und es fanden sich immer mehr Liebhaber für die wohl abwechslungsreichste Spirituose der Welt, deren Facettenreichtum Kenner und Sammler immer wieder aufs Neue begeistert! Selbst wenn auch heute noch 90 % des weltweit verkauften Whiskys Blends sind, so sind es doch die Single Malts, die den Whisky zur berühmtesten Spirituose der Welt gemacht haben!
Obwohl Whisky und Whiskey zur selben Spirituosenfamilie gehören, unterscheiden sich nicht nur in der Schreibweise, sondern auch geschmacklich, in der Herstellung und Herkunft. „Whisky“ hat seinen Ursprung in Schottland und bedeutet in der keltischen, schottisch-gälischen Sprache das „Wasser des Lebens“. „Whiskey“ stammt aus Irland und Amerika.
Ganz gleich, ob Whisky oder Whiskey, beide werden aus Getreide, Wasser und Hefe hergestellt. Allerdings wird für den Scotch Whisky gemälzte Gerste und für den Whiskey gemälzte und ungemälzte Gerste beziehungsweise ein Gemisch aus Mais und anderen Getreidearten verwendet. Beim Scotch wird das Gerstenmalz über offenem Torffeuer getrocknet. Dadurch erhält der Whisky sein rauchiges, torfiges Aroma. Beim Whiskey wird darauf verzichtet, was dazu führt, dass die Spirituose vordergründig einen milderen, weicheren, natürlichen Gerstengeschmack aufweist. Ein weiterer Unterschied liegt in den Richtlinien für die Whisky- / Whiskeyherstellung, die in Schottland anders sind, als in Irland und Amerika.